Rede von Staatsministerin Maria Böhmer anlässlich der 38. Generalkonferenz der UNESCO am 5. November 2015 in Paris

 

 05.11.2015

--- es gilt das gesprochene Wort ---


Sehr geehrter Herr Präsident der Generalkonferenz, Herr Minister Stanley Mutumba Simataa,
sehr geehrter Herr Präsident des Exekutivrates, Herr Botschafter Mohamed Sameh Amr,
sehr geehrte Frau Generaldirektorin der UNESCO, liebe Irina Bokova,
sehr geehrte Ministerinnen und Minister,
Exzellenzen,
meine Damen und Herren!


Am 16. November 2015 wird es 70 Jahre her sein, dass der Gründungsvertrag der UNESCO unterzeichnet wurde. Damals war die UNESCO noch eine überschaubare Gemeinschaft, sozusagen ein kleines Haus mit 37 Bewohnern. Heute hat die UNESCO-Familie 195 Mitglieder, die gemeinsam unter einem Dach zusammenkommen. Die Familie ist gewachsen und wird weiter wachsen. Das Haus ist ausgebaut geworden. Auch die Aufgaben der UNESCO sind gewachsen. Diese Entwicklung sagt viel über die Anziehungskraft der UNESCO aus. Sie hat sich zu einem Ort entwickelt, an dem fast die ganze Staatenfamilie zusammenkommt, um über Kultur, Bildung und Wissenschaft zu einem friedlichen Miteinander beizutragen.


In den 70 Jahren wurden beachtliche Erfolge erzielt: von der Wiederherstellung von Schulen, Bibliotheken und Museen nach dem Zweiten Weltkrieg, über die Alphabetisierungskampagnen, den Schutz der biologischen Vielfalt – zum Beispiel durch das Biosphärenprogramm – bis hin zum Schutz der kulturellen Vielfalt. Dafür steht die außerordentlich erfolgreiche Welterbekonvention.


Die 39. Sitzung des Welterbekomitees in Bonn hat klare Zeichen gesetzt: Die einvernehmliche Einschreibung der umstrittenen japanischen Nominierung der Meiji-Stätten war nicht nur ein Erfolg der Diplomatie. Es war vor allem ein Erfolg der Grundidee der Welterbekonvention, auch in konfliktträchtigen Fragen gemeinsame Lösungen zu finden. Dies manifestiert die Kraft der UNESCO! Die im Konsens verabschiedete Bonner Erklärung zu Welterbe brandmarkt die Zerstörung von Kulturerbe als das, was es ist: Ein Kriegsverbrechen, das strafrechtlich verfolgt werden muss. Wer Menschen ihrer kulturellen Identität, ihrer Geschichte beraubt, beraubt sie auch ihrer Zukunft.


Wir müssen stets dafür Sorge tragen, dass die Menschen eine Zukunft haben. Hierzu wollen wir weiter einen Beitrag leisten. Der Deutsche Bundestag hat sich dafür ausgesprochen, dass mehr Mittel für das Kulturerhaltprogramm des Auswärtigen Amtes zur Verfügung gestellt werden, um verstärkt Nothilfe leisten zu können. Damit wir noch schneller Hilfe leisten können, wenn Kulturgüter durch terroristische Akte bedroht sind oder wenn sie durch Naturkatastrophen, wie jüngst in Nepal, zerstört werden.


Die Bonner Erklärung zeigt aber auch, wie gewaltig die Herausforderungen sind, denen wir aktuell gegenüber stehen: 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, zerstörte Denkmäler, geplünderte Kulturerbestätten, 60 Millionen Jungen und Mädchen ohne Zugang zu elementarer Bildung, und in einigen Regionen weniger als 60 Prozent der Mädchen, die eine Schule besuchen. Bleibt die Hälfte der Bevölkerung von elementaren Menschenrechten ausgeschlossen – und dazu gehört der Zugang zu Bildung – wird keine Gesellschaft dauerhaft Frieden finden.


Vor einem Monat ist es der Staatengemeinschaft gelungen, mit der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung einen Meilenstein zu setzen. Um diese ehrgeizigen Post-Milleniums-Ziele zu erreichen, ist die UNESCO zentral, wenn es darum geht:

hochwertige Bildung zu ermöglichen, biologische und kulturelle Vielfalt zu sichern,  Inklusion und Geschlechtergleichstellung zu erreichen. Das ist der Kernbereich der UNESCO. Hierauf muss sich die UNESCO konzentrieren.

Wir brauchen eine handlungsfähige UNESCO. Aber sie ist nur handlungsfähig, wenn die Mitgliedstaaten bereit sind zusammen zu arbeiten und die notwendigen finanziellen Mittel bereitstellen.


Wir müssen unsere Reformanstrengungen weiterführen! Viele gute Erfolge kann die UNESCO hier verkünden: Seien es die Reformen im Bereich des Welterbekomitees. Oder die Reform der Finanzierungsinstrumente der UNESCO, auch wenn zweifellos noch viel Arbeit vor uns liegt. Deutschland steht bereit, sich hier auch künftig aktiv einzubringen.


Meine Damen und Herren,


lassen Sie uns gemeinsam am UNESCO-Haus der Zukunft bauen! Machen wir dieses Haus wetterfest, sodass es der Menschheit auch die nächsten 70 Jahre Schutz und Frieden bieten kann.


Vielen Dank!

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