Reden

Grußwort zur Konferenzeröffnung „Zugang gestalten! Mehr Verantwortung für das kulturelle Erbe“

Sehr geehrter Herr Klimpel,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich sehr, Sie zur zehnten Konferenz der Reihe „Zugang
gestalten!“ begrüßen zu dürfen. Angesichts der Corona-Pandemie
findet die Konferenz unter ganz besonderen Umständen statt. Wie
treffend ist der Titel „Innovationsschub“!
Die seit 2011 stattfindenden Konferenzen haben sich längst als
wichtiger Bezugspunkt des Austauschs und der Diskussion nicht nur
für Fachleute aus Archiven, Bibliotheken und Museen etabliert.

Zu diesem Erfolg gratuliere ich Ihnen, Herr Klimpel, und Ihren
zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern ganz herzlich!
Für die diesjährige Konferenz hat die Deutsche UNESCO-Kommission
erneut die Schirmherrschaft übernommen. Wir haben dies sehr gerne
getan. Denn heute und morgen werden wieder Themen besprochen,
für die sich die UNESCO und die Deutsche UNESCO-Kommission
besonders einsetzen.
Lassen Sie mich dazu einige aktuelle Beispiele aus der Arbeit der
UNESCO und der Deutschen UNESCO-Kommission nennen:

Mit dem UNESCO Weltdokumentenerbe „Memory of the World”
besteht seit 1992 das Programm, welches die bedeutendsten
Dokumente der Menschheit allen zugänglich macht und für
nachfolgende Generationen sichert. Dies geschieht natürlich auch
über Digitalisierung.
Deutschland hat mit 24 Einträgen in dem Internationalen Register
besonders wertvolle Dokumente beigetragen. Dazu zählen
Beethovens Neunte Sinfonie, das Benz-Patent von 1886 und die
Gutenberg-Bibel.

Digitalisierung hilft, Wissen zu vermitteln. In diesem Zusammenhang
setzt sich die UNESCO für die Stärkung offener Bildungsmaterialien
ein. Zu diesen Open Educational Resources zählen qualitativ
hochwertige digitale Bildungsmedien, die für die Bildungsarbeit gerade
jetzt in der Corona-Pandemie maßgeblich sind. In Verbindung mit
Open Science in der Wissenschaft können zudem Synergien
geschaffen werden, um moderne und freie Wissensgesellschaften zu
sichern und weiterzuentwickeln.
In Zeiten von Abstandsregeln und dem Verzicht auf viele traditionelle
Feiern und Veranstaltungen fällt das immaterielle Kulturerbe oft als
besonders schmerzvoll vermisstes Gut auf.

Hier sind in diesem Jahr neue Wege zur Vermittlung des Wissens über
Traditionen und Werte entstanden.
Vieles konnte digital stattfinden – aber trotz vieler positiver
Erfahrungen können digitale Treffen längst nicht das unmittelbare
soziale Miteinander für die Pflege des Brauchtums kompensieren. Und
so werden beide Begegnungsformen sich zukünftig ergänzen.
Innovative Wege der Vermittlung haben auch zahlreiche UNESCO-
Welterbestätten in diesem Jahr erprobt. Mit dem in Deutschland
erstmals digital durchgeführten UNESCO-Welterbetag im Mai konnten
wir ein vielfach größeres Publikum erreichen als in den letzten Jahren.

Die Welterbestätten selbst haben mit großer Kreativität daran
gearbeitet, sich über lokale und regionale Einzugsgebiete hinaus zu
präsentieren. Dies eröffnet vielfältige Anknüpfungspunkte für die
zukünftige internationale Zusammenarbeit der UNESCO-
Welterbestätten.
Bei all den guten, innovativen Beispielen dürfen wir eines nicht
vergessen: Die erforderlichen digitalen Strukturen und die
Digitalisierung selbst können auch weiterhin nicht flächendeckend
vorausgesetzt werden.

Wir brauchen neben einer verlässlichen und attraktiven digitalen
Infrastruktur eine umfassende Medien- und Informationskompetenz
der Menschen gleich welchen Alters oder welcher Herkunft.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten: Wirklich alle Menschen
müssen den Zugang zu Bildung und Wissen auch im Digitalen
erhalten, um aktiv gestalten und am gesellschaftlichen Leben
teilhaben zu können.

Gleichzeitig müssen wir im Blick haben: Gerade die „reale“, analoge
Begegnung ist essentiell, wenn es darum geht, die emotionale
Dimension von Kultur und die soziale Kraft von kulturellem Erbe zu
erfassen und zu erleben.
In diesem Sinn setze ich darauf, dass Sie während der zwei Tage
online und in der Geschäftsstelle von Wikimedia Deutschland in Berlin
viele Ideen austauschen. In der Pandemie liegt die Chance für
innovative Lösungen. Wir sollten sie zugleich als Chance für einen
nachhaltigen Umgang mit unseren kollektiven Wissensbeständen
nutzen.

Ich wünsche Ihnen eine ertragreiche Konferenz. Herzlichen Dank!

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